Früher dachte ich, ich sei die einzige Texterin mit Gedanken wie: „Ich schreibe viel zu langsam. Ich brauche ewig für meine Texte. Alle anderen schreiben ihre Texte doppelt so schnell wie ich.“ Und weil ich mich für mein Schneckentempo geschämt habe, wollte ich mit niemandem drüber sprechen.

Seit ich mich aber regelmäßig mit Text-Kolleg:innen, Mentees oder den Mitgliedern meines Schreib-Clubs austausche, weiß ich:

Das ist nicht nur eine unter uns Texter:innen kursierende Berufskrankheit. Tatsächlich haben auch viele Coaches und Mentor:innen dieses Gefühl, die ihre Marketing-Texte selbst schreiben: dass sie im Texten bzw. beim Schreiben zu langsam sind. Egal ob beim Bloggen, beim Auftragstexten, beim Verfassen einer Sales Page oder beim Buchschreiben.

Fühlt sich schon mal besser an, damit nicht allein zu sein, oder?

Zu wissen, dass die meisten Kolleg:innen dasselbe über sich denken, relativiert die Sache und hat zumindest mir Erleichterung gebracht.

Trotzdem möchte ich in diesem Artikel mit dir über Ursache und Wirkung von einem Satz wie „Ich schreibe zu langsam“ sprechen, weil mich das Warum hinter so ziemlich allem interessiert. Und weil ich mich gefragt habe, was solche negativen Annahmen eigentlich mit uns machen.

Woher kommt „Ich schreibe zu langsam“?

Wenn du beim Satz „Ich schreibe / texte zu langsam“ sofort nickst oder eine Stimme in dir sagt, „Stimmt!“, ist das einer deiner Glaubensätze. Und zwar höchstwahrscheinlich einer, der dich blockiert und dafür sorgt, dass du tatsächlich nicht mit voller Kraft voraus zügig schreibst.

Was sind Glaubenssätze?

Glaubenssätze sind Annahmen über uns selbst, die wir meist schon seit der Kindheit in uns tragen. Solche Sätze können sich z. B. durch etwas bilden, das Eltern, andere Verwandte oder Lehrer:innen zu einem Kind sagen.

Diese Sätze schleppen wir seit Ewigkeiten mit uns herum, obwohl sie eigentlich nicht (mehr) der Realität entsprechen. Allerdings können sie zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden, so dass wir uns doch immer wieder darin bestätigt sehen – dazu weiter unten mehr.

Hier ein paar typische Beispiele für Aussagen anderer und daraus resultierenden Glaubenssätzen:

  • Du kannst dich einfach nicht konzentrieren. (wird zu: Ich bin immer unkonzentriert.)
  • Alle anderen können das schon lange. (wird zu: Ich hinke immer hinterher.)
  • Dein Bruder hat das in deinem Alter doppelt so schnell hingekriegt. (wird zu: Ich brauche für alles doppelt so lange.)
  • Immer trödelst du so herum. (wird zu: Ich kann nicht fokussiert arbeiten.)
  • Du bleibst hier so lange sitzen, bis das fertig ist. (wird zu: Ich darf keine Pausen machen.)

Wenn wir solche Sätze immer wieder zu hören bekommen, nehmen wir sie irgendwann als unsere Wahrheit an. Und das schlimmste: Auf Basis solcher veralteten Glaubenssätze bilden wir dann nach und nach dazu passende Annahmen über uns, da unser Unterbewusstsein weiter in dieser vermeintlichen Wahrheit denkt.

Thema Langsamkeit

Ein Glaubenssatz wie „Ich schreibe zu langsam“ kann z. B. eine Weiterentwicklung früherer Glaubenssätze der Art sein, wie ich sie oben aufgeführt habe. Wenn dir früher zuhause oder in der Schule öfter das Gefühl gegeben wurde, zu langsam zu sein, ist es sehr gut möglich, dass du diese Annahme auf deine berufliche Tätigkeit übertragen hast.

Thema Perfektionismus

Ein anderer möglicher Zusammenhang ist, dass du sehr perfektionistisch bist und deshalb einfach gründlicher arbeitest als andere. Was die logische Konsequenz hat, dass du für einen Text, der deinen hohen Ansprüchen gerade so genügt, um einiges länger brauchst. Zumindest länger als jemand, der den Text in einem runterschreibt, ihn ohne Korrektur abgibt und in Kauf nimmt, dass dieser noch Fehler enthält, dass Infos fehlen oder dass Struktur und Stil nicht gut passen.

Auch Perfektionismus basiert meist auf negativen Glaubenssätzen, die sich aus Botschaften aus der Kindheit gebildet haben, z. B.:

  • Du musst besser werden. (wird zu: Ich bin nicht gut genug.)
  • Was du machst, reicht nicht. (wird zu: Meine Ergebnisse sind nie gut genug.)
  • Du musst besser sein als die anderen. (wird zu: Ich muss mich mehr anstrengen als andere.)
  • Warum bist du nicht so gut wie deine Schwester? (wird zu: Mit mir stimmt etwas nicht.)
  • Du musst dich mehr anstrengen, damit aus dir mal was wird. (wird zu: Ich muss alles geben, sonst lande ich auf der Straße.)
  • Fehler sind schlecht. (wird zu: Ich muss perfekt sein.)

Warum blockieren negative Glaubenssätze?

Negative Glaubenssätze führen immer dazu, dass du in dem betroffenen Bereich nicht vollständig in deiner Schubkraft bist und gefühlt mit angezogener Handbremse über den Seitenstreifen zuckelst.

Der Grund dafür:

Wenn du dir selbst immer wieder sagst, wie schlecht, unperfekt oder mangelhaft du bist, fehlt dir der nötige Glaube an dich selbst. Dann können noch so viele Kolleginnen, Kunden und Freundinnen dir sagen, wie super du bist:

Wenn du es selbst nicht glaubst, dringen solche positiven Botschaften gar nicht zu dir durch.

Wer nicht an sich selbst glaubt, wird natürlich auch nie seine volle Leistung abrufen können. In diesen Zusammenhang passt herrlich eins meiner Lieblingszitate:

„Ob du denkst, du kannst es, oder du kannst es nicht: Du wirst auf jeden Fall recht behalten.“ (Henry Ford)

Glaubenssätze werden zur Self-fulfilling Prophecy

Du erschaffst dir also mit einem Glaubenssatz wie „Ich texte zu langsam“ deine eigene Realität, denn:

Wenn du dich selbst damit bremst, weil du ja davon überzeugt bist, dass du lahm wie eine Schnecke schreibst, arbeitest du definitiv langsamer als eine Kollegin mit dem Mindset:

„Ich schaffe meine Texte in einem guten Tempo.“

Wozu führt dein Glaubenssatz „Ich schreibe zu langsam“?

Dich mit negativen Aussagen über dich selbst regelmäßig niederzumachen, kann folgende Auswirkungen haben:

  • Du wirst immer demotivierter, prokrastinierst immer mehr und fragst dich vielleicht sogar irgendwann, ob du dir da wirklich den richtigen Beruf als Texter:in ausgesucht hast bzw. ob du als Coach oder Mentor:in überhaupt in der Lage bist, deine eigenen Marketing-Texte zu schreiben.
  • Du bist permanent gestresst und gönnst dir keine Pausen, wodurch die Qualität deiner Texte leidet.

Spezifisch für freiberufliche Texter:innen:

  • Du wertest dein eigenes Können ab, verlierst den Glauben an dich selbst und entwickelst eventuell sogar ein Hochstaplersyndrom à la: „Was, wenn mein Kunde herausfindet, dass ich eigentlich gar nicht texten kann und viel länger brauche als die Konkurrenz?“.
  • Das wiederum führt dazu, dass du deine Leistung als nicht wertvoll einschätzt und es dir entsprechend schwerfällt, ein vernünftiges Texter:innen-Honorar zu verlangen.
  • Da Kund:innen einen Riecher für Unsicherheit haben, kann es passieren, dass der ein oder die andere versucht, dich herunterzuhandeln oder die einzelnen Posten auf deinen Rechnungen zu diskutieren.
  • Du traust dich nach Abschluss eines Textes nicht, die volle Zeit zu berechnen, setzt auf der Rechnung die Stundenzahl herunter und verlierst dadurch Geld, das dir eigentlich zusteht.

Klingt alles eher scheußlich, oder? Auch wenn sicherlich nicht jedes der genannten Szenarien auf dich zutrifft und alle bewusst drastisch formuliert sind, kommt dir manches davon vielleicht bekannt vor. Oder du hast gerade erst realisiert, dass es da einen Zusammenhang zwischen deinen Glaubenssätzen und deinem Texter:innen-Stundensatz gibt.

In jedem Fall tust du dir selbst einen Gefallen damit, einen Glaubenssatz wie „Ich texte zu langsam“ für dich aufzulösen und durch etwas Positives zu ersetzen. Wie das geht? Lies einfach weiter.

Wie kannst du blockierende Glaubenssätze auflösen?

Die folgende Methode basiert auf dem System The Work von Byron Katie. Weitere Infos zu The Work findest du auf ihrer Webseite. Ich zeige dir die Methode hier in einem 6-Schritte-Prozess.

Formuliere zunächst den aufzulösenden Glaubenssatz (Beispiel: Ich arbeite / texte zu langsam). Beantworte dann die folgenden Fragen für dich in Gedanken oder – noch besser – schriftlich:

  1. Ist dieser Gedanke wahr?
  2. Kannst du dir zu 100 % sicher sein, dass dieser Gedanke wahr ist?
  3. Wie fühlst du dich mit diesem Gedanken? Was löst er in dir aus? Zu was für einem Menschen macht er dich?
  4. Welcher Mensch wärst du ohne diesen Gedanken? 
  5. Kehre den Gedanken jetzt ins Gegenteil und mache daraus einen neuen Glaubenssatz, der positiv fomuliert ist – der also keine Verneinung enthält. (Beispiel: “Ich arbeite schnell genug” anstatt “Ich arbeite nicht zu langsam”)
  6. Finde 3 Beweise dafür, dass dieser neue Gedanke über dich wahr ist. (Beispiel: Kunde XY hat neulich meine Schnelligkeit gelobt. Oder: Ich war überrascht, wie schnell ich Text XY fertig hatte.)

Den neuen Glaubenssatz festigen

Damit sich dein neuer Glaubenssatz festigen kann und er alte damit immer schwächer wird, lohnt es sich, ihn dir täglich vor Augen bzw. ins Gedächtnis zu rufen.

Eine schöne Möglichkeit dazu ist, dass du täglich einen weiteren Beweis findest und ihn auf die Liste setzt, bis du bei 100 Beweisen angekommen bist. Das Sammeln kann ein bisschen dauern, aber eine solch lange Liste ist ein großartiger Motivator in Zeiten, in denen du vielleicht wieder mehr an dir zweifelst. Ich weiß, wovon ich spreche. 😉

Tipp: Wenn sich der Glaubenssatz trotz Auflösearbeit hartnäckig hält, kann es sein, dass erst noch andere damit verbunde, tiefersitzende Glaubenssätze wie die oben genannten aufgelöst werden wollen.

Wie schätzt du dein Tempo beim Schreiben ein?

Natürlich gibt es auch Kolleg:innen, die von sich selbst sagen, dass sie sehr schnell schreiben und ihnen entsprechend manchmal Achtsamkeit und Gründlichkeit fehlen.

Zu welcher Kategorie gehörst du und welche anderen blockierenden Glaubenssätze kennst du aus deinem Schreib-Alltag? Teile es unten im Kommentar.